Für Online Shops bietet sich die Reichweitenerhöhung durch Affiliate Netzwerke an. Nur 14% der größten deutschen Online Shops verzichten darauf. Was sind die Vor- und Nachteile der Netzwerkmodelle und welche Einflussfaktoren spielen eine Rolle?

Das Affiliate Marketing existiert fast so lange wie das Internet selbst. Es sorgt für relevante Reichweite und ist heute wie auch in Zukunft ein grundlegender Baustein im Online Marketing Mix. 87% der laut statista.com umsatzstärksten deutschen Online Shops haben einen Affiliate Kanal im Einsatz. Doch Affiliate Marketing ist kein Selbstläufer. Es muss gut überlegt, vorbereitet und gepflegt werden.
Ein Affiliate Netzwerk ist die Schnittstelle zwischen Merchant (Händler) und Affiliate (Partner). Ein Merchant bietet auf dem Netzwerk-Marktplatz seine Produkte bzw. Werbemittel an und die Affiliates publizieren darüber die Inhalte auf ihren Webseiten.
An erster Stelle steht die Frage nach der Netzwerkart – public oder private Network. Die Entscheidung ist quasi eine Grundsatzentscheidung und hängt davon ab, wie hoch die Einflüsse bestimmter Faktoren sind. Einflussfaktoren können z.B. sein:

  • Die Stärke der Brand
  • Die eigenen Vertriebspartner, die u.U. als Konkurrenz auftreten können
  • Die mögliche Höhe der Vergütung
  • Die benötigte Reichweite
  • Die benötigte Sichtbarkeit
  • Die angebotenen Produkte (Nische/Alleinstellungsmerkmal/Massenware)
  • Das Preisniveau der Produkte und deren Beständigkeit
  • Die vom Merchant gewünschten Publishermodelle
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© ad agents

Public Network

Richtig eingesetzt kann ein Public Network ein einfacher und effektiver Weg zu großer Reichweite sein – die überwältigende Mehrheit von nahezu 90% der Top100 Shops mit Affiliate Programmen nutzt die Vorteile von öffentlichen Netzwerken. Im Public Network sorgt ein Marktplatzbetreiber für die technische Infrastruktur, wie die Bereitstellung der Werbemittel, das Tracking der Leads, die Zahlung von Provisionen und die Rechnungstellung. Viele Merchants und Affiliates nutzen diese Plattform und finden hier zusammen. Ein neues Programm findet daher recht schnell seine Partner. Zusammengefasst lassen sich die Vorteile des Public Networks beschreiben:

  • Hohe Reichweite
  • Großer Publisherpool
  • Publisherseitige Bewerbungen
  • Gute Programm-Sichtbarkeit im Netzwerk/Marktplatz
  • Viele unterschiedliche Publishermodelle, neue Publishermodelle
  • Provisionsauszahlung/Rechnungsstellung durch das Netzwerk
  • Kontinuierliche technische Weiterentwicklung

Die Hauptgründe, sich gegen ein Public Network zu entscheiden, liegen bei den Kosten von meist 30% Netzwerkprovision. Je nach Netzwerk fallen eventuell noch weitere Ausgaben für Maintenance an.

Wer sich für ein Public Network entschieden hat muss im nächsten Schritt mindestens ein Netzwerk auswählen, in dem er sein Programm eingliedert. Das ist bei der großen Anzahl an Netzwerkanbietern keine leichte Aufgabe. Immerhin 37% der Top100 Shops mit Affiliate Programm setzen auf mehr als einen Netzwerk-Anbieter.

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Private Network

Es gibt aber auch die Möglichkeit, ein eigenes, geschlossenes und privates Netzwerk für sein Partnerprogramm zu eröffnen. Diese Option nutzen gut 10% der Top100 Shops, meist sehr große oder sehr spezielle Shops.
Bei einem privaten Netzwerk entfällt der Marktplatz-Charakter, denn der Merchant ist einziger Programmanbieter im eigenen Netzwerk. Er muss sich, je nach eingesetzter Lösung, jetzt auch um die Dinge und Aufgaben kümmern, die sonst vom Netzwerk übernommen werden, allem voran um die Publisherakquise, denn die Affiliates werden den Weg zum Programm selten alleine finden.
Die Vorteile des Private Network liegen insbesondere in der direkten Kontrolle und Zusammenarbeit mit den Publishern verbunden mit hoher Exklusivität:

  • Kosteneinsparung kann für höhere Provisionen genutzt werden
  • U.U. direkterer Kontakt zu den Publishern (abhängig von der Zusammenarbeit, Top-Publisher sollten auch in einem Public Network gut betreut sein!)
  • Weniger Fraud-anfällig durch intensive Publisherbindung und kleinem Publisherkreis

Im Gegenzug benötigt ein privates Netzwerk nicht nur Ressourcen für Aufbau und Pflege des Programms, auch andere Nachteile müssen wohl bedacht werden:

  • Kosten sind nicht vorhersehbar und müssen individuell verhandelt werden
  • Geringe Publisher-Reichweite
  • Geringeres Publishervertrauen
  • Keine netzwerkseitigen globalen Aktionen
  • Aufwändige Publisher-Akquise (da „nur auf Einladung“), Entfall der mittleren und kleinen Publisher (Long-Tail), da der Schwerpunkt auf reichweitenstarke Partner gelegt werden muss
  • Höherer technischer Aufwand (Tracking, Provisionszahlung, evtl. Hosting)
  • Eventuell Buchhaltung & Abrechnung

Die Nachteile des Private Network überwiegen für die meisten Unternehmen, wie auch der geringe Anteil der privaten Netzwerke unter den Top100 Shops zeigt.

Fazit

Es lohnt sich in jedem Fall, die Vor- und Nachteile der Netzwerkwahl genau abzuwägen, denn kurzfristige Änderungen sind eher kontraproduktiv für langfristige Partnerbeziehungen. Es lässt sich nicht pauschal beantworten, was die bessere Lösung ist, doch bis auf wenige Ausnahmen wird die Beteiligung in einem Public Network für die Merchants vorteilhafter sein. Bei einer starken Brand mit vielen Vertriebspartnern, bei mittlerer Vergütung und hoher benötigter Reichweite ohne Alleinstellungsmerkmal bietet sich fast keine andere Wahl als ein öffentliches Netzwerk. Das bestätigt auch der Blick auf die Top100 Online Shops in Deutschland, von denen 75% mit einem Public Network arbeiten.
Eine Ausnahmesituation bei der Unterscheidung zwischen Private und Public Networks ergibt sich u.U. für große, international aufgestellte Brands. Wenn diese Unternehmen sämtliche Partneraktivitäten und Direktkooperationen über eine zentrale Plattform koordinieren möchten, so kann sich ein Private Network anbieten. Hierbei sind die Ziele und Anforderungen an das Netzwerk anders geartet als bei reinen Affiliate Netzwerken, so dass auch die Vor- und Nachteile für diesen Fall keine uneingeschränkte Gültigkeit besitzen.