Facebook hat sich zum wichtigen Kanal für Advertiser entwickelt, nicht nur im Branding, sondern auch beim Abverkauf. Die Diskrepanz zwischen den Conversionzahlen in Facebooks Werbeanzeigenmanager und externen Trackingsystemen macht Online Marketing Manager jedoch stutzig. Unser Data-Analyst Lars geht dem in einer Analyse für t3n nach.

Wer sich heute mit Online Marketing befasst, kommt am Facebook-Universum nicht vorbei. Die große Reichweite und präzise Targetingoptionen machen Facebook inklusive Instagram, dem Facebook Messenger sowie dem Audience Network zur attraktiven Werbeplattform. Die granularen Zielgruppenoptionen bergen große Chancen, nicht nur Brandingziele zu verfolgen, sondern auch conversionorientiert für Produkte zu werben. In eigenen Case Studies berichtet Facebook immer wieder über erfolgreiche Abverkaufs-Kampagnen, zum Beispiel bei asphaltgold oder der Brooklyn Soap Company.

Tatsächlich sind auch die Conversion-Beteiligungen bei vielen unserer Kunden beeindruckend – zumindest, wenn man die Facebook-Statistiken zu Rate zieht. Diese weichen jedoch mitunter deutlich vom Ergebnis externer Trackingsysteme wie Google Analytics ab. Woher kommt diese Diskrepanz? Kann man den teils starken Statistiken, die Facebook ausgibt, Glauben schenken?  Wir nehmen die Rolle von Facebook in einer Beispielanalyse unter die Lupe um zu bewerten, wie stark das Social Network als Performance-Kanal tatsächlich ist.

Wie häufig ist Facebook an Conversions beteiligt?

Für unsere Analyse greifen wir auf echte Daten eines Online-Händlers zurück. Das Beispiel beinhaltet im gewählten Zeitraum laut Google Analytics rund 5.000 Conversion-Journeys mit über 12.000 Touchpoints. Diese verteilen sich über die Kanäle Direct (der direkte Besuch des Online-Shops), Organic (organischer Traffic via Google & Bing) sowie die Werbekanäle Suchmaschinenwerbung, Display Marketing und Facebook Advertising.

Laut der Last-Click-Attribution in Google Analytics sind 64 Verkäufe auf den Abschlusskanal Facebook zurückzuführen – das ist gerade mal ein Prozent aller 5.164 Conversions. Wenn wir vom Last-Click-Modell abweichen und stattdessen alle Klicks auf Facebook-Anzeigen berücksichtigen, in dessen mittelbarer Folge sich ein Kauf ergab, steigt der Prozentanteil auf vier Prozent. Das bedeutet, in vier Prozent aller Customer Journeys in unserem Beispiel war Facebook als Werbekanal beteiligt – egal, ob als Startkanal, mitten in der Customer Journey oder als Abschlusskanal.

Nun vergleichen wir diese Statistik mit den Insights, die uns Facebooks Werbeanzeigenmanager präsentiert. Laut den Facebook Statistiken war der Advertising-Kanal im gewählten Zeitraum an fast 600 Verkäufen beteiligt, was beachtliche 11 Prozent ausmacht. Die von Facebook angegebene Beteiligung ist also um den Faktor 3 höher, als der von Analytics ausgegebene Anteil. Das Misstrauen, das manche Werbetreibende den Facebook Analytics gegenüberbringen, scheint beim Blick auf die klaffende Kluft gerechtfertigt. Beim genaueren Hinschauen gibt es jedoch einige plausible Erklärungen dafür.

Das Attributionsmodell von Facebook: Post-View und Post-Click

Eine Ursache für die unterschiedlichen Ergebnisse liegt in den zugrundeliegenden Attributionsmodellen der Trackingsysteme. Zwar sind die Attributionszeiträume vergleichbar – bei Facebook ist das Attributionsfenster standardmäßig auf “28 Tage nach dem Klick“ (post click) definiert, Google setzt beim Post-Klick-Tracking auf ein Zeitfenster von 30 Tagen –, jedoch wertet Facebook auch das Sehen einer Anzeige (post view), wenn die Conversion innerhalb eines Tages nach dem Kontakt mit der Anzeige liegt. Externe Trackingsysteme sind auf Klicks angewiesen, die Messgröße „View“ steht Google Analytics & Co schlichtweg nicht zur Verfügung. Alle Kontakte, in denen ein User eine Werbeanzeige auf Facebook wahrnimmt, aber nicht daraufklickt, fallen bei externen Trackingsystemen unter den Tisch.

Facebook Attribution
© facebook.com

Geräteübergreifende Verfolgung der Customer Journey

Eine weitere Stärke, welche die Differenz in den Zahlen vermutlich hauptsächlich begründet, ist das geräteübergreifende Tracking von Facebook. Über 90 Prozent der User in Deutschland nutzen Facebook auf mobilen Endgeräten. Auch wenn die Anzahl der Online-Käufe über mobile Endgeräte zunimmt, liegt ihr Anteil in den meisten Branchen noch deutlich unter 50 Prozent. Das Groß der Online-Käufe findet also über den Desktop statt. Wir möchten die Konsequenzen anhand eines Beispiels verdeutlichen: Ben klickt auf seinem Smartphone in der Facebook-App auf die Anzeige für eine Sonnenbrille. Am Tag darauf googelt er auf seinem Laptop nach der Ray-Ban und kauft diese. Ein externes Trackingsystem schreibt Facebook vermutlich keine Beteiligung an der erfolgreichen Customer Journey zu, weil es nicht weiß, dass Ben tags zuvor auf seinem Smartphone auf die Facebookanzeige geklickt hat. Facebook hingegen kann die Customer Journey über mehrere Geräte hinweg verfolgen – vorausgesetzt, Ben ist auf dem jeweiligen Gerät bei Facebook eingeloggt.

Sobald eine Customer Journey über mehrere Geräte verläuft, haben die meisten Trackingsysteme Probleme, diese Reise zu verfolgen. Solange der Nutzer eingeloggt ist, verfolgt Facebook dessen Customer Journey hingegen vom Smartphone über das Tablet bis zum Laptop und zurück. Diese fast lückenlose „Überwachung“ bietet Facebook die Möglichkeit, Conversions einem Werbekontakt zuzuordnen, während bei anderen Systemen lediglich eine nicht mit einem Kauf abgeschlossene Customer Journey zu Buche steht.

Facebook Advertising sollte nicht unterschätzt werden

Wie stark die Werbewirkung beim bloßen Sehen einer Anzeige ist, darüber kann man sicherlich streiten. Dennoch ergänzt das Post-View-Tracking die Facebook-Attribution um eine Facette, die externen Trackingsystemen verborgen bleibt. Dieser Faktor stellt in Kombination mit dem starken, geräteübergreifenden Tracking den Hauptgrund für die Diskrepanz in den Conversion-Beteiligungen dar. Aus unserer Sicht gibt es keinen plausiblen Grund, den Facebook-Statistiken zu misstrauen. Schließlich lebt Facebook von verlässlichen Daten und würde seine Reputation bei Advertisern nicht aufs Spiel setzen, indem es Ergebnis-Statistiken fälscht.

In unserem Datenbeispiel ist Facebook als Touchpoint an jeder zehnten Conversions beteiligt – eine relevante Größe, wenn man das im Vergleich zu anderen Kanälen geringe Budget hinter den Ergebnissen berücksichtigt. Natürlich hängt dieser Prozentanteil neben dem eingesetzten Budget von vielen Faktoren ab, darunter Branche, Produkt, sowie die Qualität der Kampagnen. Insgesamt lässt sich aber durchaus feststellen, dass externe Trackingsysteme die Bedeutung von Facebook in der Customer Journey tendenziell unterschätzen. Umso wichtiger ist das Bewusstsein darüber, wie die oft signifikanten Differenzen zwischen den Facebook-Statistiken und externen Systemen zu Stande kommen.


Über Dr. Lars Mäder: Die Entwicklung eines zuverlässigen, statistischen Modells zur Vorhersage von Fußballergebnissen ist der große Traum von Lars Mäder. Aktuell leitet der promovierte Politikwissenschaftler die Datenanalyseabteilung der ad agents GmbH. Er arbeitet an der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Data Mining Architektur zur Steigerung der Effizienz von Online-Marketing-Maßnahmen.