Onlinehandel boomt. Und für Onlinehändler ist es so einfach, mit Amazon die Käufer in anderen Ländern zu erreichen. Eigentlich. Doch es lauern Fallstricke bei der Internationalisierung. Aike Schultheis, Head of Marketplaces, benennt vier der leicht zu vermeidenden Fehler.

Mit Amazon lässt sich das Vertriebsgebiet leicht auf andere Länder ausdehnen, und Millionen neuer Kunden sind plötzlich erreichbar. Wenn alle rechtlichen und steuerlichen Fragen geklärt sind und ein neues Länderkonto eingerichtet ist, stellt sich jedoch oft Ernüchterung ein: Der Verkauf läuft nicht wie erhofft. Woran kann das liegen?

Schlechte Keywords

Optimierung auf Keywords ist im Amazon-SEO elementar. Nur wenn die richtigen Keywords für jedes Produkt gewählt sind, kann das Suchvolumen bestmöglich ausgeschöpft werden. Damit brauchen auch übersetzte Keywords besonderes Augenmerk, damit die richtigen Bezeichnungen und auch keine umgangssprachlichen oder verfänglichen Begriffe gewählt werden. Beispielsweise wird im Deutschen der Begriff Decke für eine Tages- oder Bettdecke verwendet. Einfache Übersetzungen geben auf Englisch hierfür den Begriff für die Zimmerdecke („ceiling“) heraus.
Empfehlenswert ist die Analyse der Suchvolumina für die übersetzten Keywords. Sollte ein richtig übersetzter Begriff nur ein geringes Suchvolumen haben, gibt es landestypisch vermutlich eine andere, relevantere Bezeichnung dafür. Beispielsweise wird ein Becher im Englischen üblicherweise mit „cup“ übersetzt, weist ein Suchvolumen von 587.000 auf, meint aber mehrheitlich klassisches Kaffeegeschirr. Unter dem eher umgangssprachlichen Begriff „mug“ dagegen werden Kaffeebecher gesucht – mit einem fast doppelt so hohen Suchvolumen.
Nicht nur im Amazon-SEO, auch für bezahlte Anzeigen, den Amazon-Ads, spielen die Keywords eine Rolle. Je generischer die Keywords sind, desto größer sind sowohl die Suchvolumina als auch der Wettbewerb. Um den Wettbewerb gering zu halten empfehlen sich Kombinationen von Suchbegriffen, sogenannte longtailige Keywords. Anstelle des generischen Keywords „Damenhose“ könnte als Longtail-Keyword „leichte Chino Größe 38 mintgrün“ eingesetzt werden.

Wenig Lokalisierung

Jedes Land hat seine Eigenheiten. Das beginnt bereits damit, dass oft nicht das gesamte Produktportfolio für jeden Markt gleichermaßen geeignet ist. Beispielsweise sind in Spanien Outdoorprodukte wie Rasenbewässerung, Sonnenschirme oder Regenjacken völlig anders nachgefragt als in Irland. Aber auch die Menschen haben eine andere Kultur, andere Werte und Traditionen, eine andere Geschichte, ein anderes Temperament. Dies muss bei der Produktinformationen berücksichtigt werden. Die Kunst liegt darin, politisch heikle Themen zu vermeiden und spezifische Werte besonders hervorzuheben. Ein Produkt, das in Irland „erste Wahl für jeden Pub-Besuch“ ist, kann mit dieser Beschreibung in Italien sicher nicht punkten.

Mangelnde Optimierung

Eine gute Amazon-SEO-Optimierung fördert insbesondere Reichweite und Sichtbarkeit. Für übersetzte Texte wird aber häufig keine weitere Optimierung in der Landessprache mehr vorgenommen. Dadurch sind die Produktdaten für ausländische Amazon Märkte häufig schlecht optimiert.
Häufig müssen sinnvolle Textkürzungen vorgenommen werden, da für einzelne Felder wie Titel und Bullets die Zeichenanzahl begrenzt ist. Das ist kein Problem bei Übersetzungen ins Englische, da die Texte in der Regel 15 bis 20 Prozent kürzer sind als im Deutschen. Dagegen benötigen Spanisch oder Italienisch wesentlich mehr Platz, Französisch sogar gegen 20 Prozent mehr. Besondere Beachtung verdient auch das Brandimage. Entspricht die Tonalität in der übersetzten Sprache dem Brand? Sind die Texte in den Bildern passend übersetzt? Werden die gleichen Bilder verwendet? Ist der Gesamtauftritt der Marke stimmig und einheitlich?

Vernachlässigung der Amazon-Ads

Erfolg auf Amazon ist oft nur in Kombination von Amazon-SEO und Amazon-Ads zu erreichen. Sponsored Products, Sponsored Brands, Product Display Ads stehen Vendoren als Anzeigenformate überall zur Verfügung. Aufgrund der vorgegebenen maximalen Zeichenzahl kommt es noch mehr auf ansprechende, sinnvolle und passende Texte an als im SEO. Eine mangelhafte Übersetzung der Anzeigentexte rächt sich allerdings mit niedrigen Klick- und Konversionsraten.

Fazit:

Internationalisierung mit Amazon ist für Händler wie Hersteller eine große Chance. Dank der bereits vorhandenen Daten nimmt der Initialisierungsaufwand für internationale Märkte sehr viel weniger Zeit in Anspruch und kann vergleichsweise schnell und günstig erfolgen. Es gilt aber, das Brandimage im Auge zu behalten und auf Einheitlichkeit und Konsistenz in der Darstellung der Produktdaten zu achten. Zum anderen führt an Muttersprachlern kein Weg vorbei: Deren Sprachgefühl und deren Fähigkeit, unübliche Satzstellungen oder Zweideutigkeiten zu erkennen, lassen sich derzeit noch von keinem Übersetzungsprogramm gleichwertig übernehmen.